Vermutlich nicht, es muss doch eh jeder Mensch den ganz eigenen Weg und Umgang mit der Trauer finden. Aber es können zusätzliche Hürden und Herausforderungen auf dem Weg auftauchen. Queere Menschen kämpfen nach wie vor um Sichtbarkeit und Anerkennung für Ihre Art zu leben und zu lieben. Das bleibt auch in Sterbe- und Trauerprozessen nicht aus.
„Die Trauer ist auch so schon schwer genug. Sucht euch queerfreundliche Unterstützer:innen.“
Barbara Bischof
Ein echter Kraftakt: In der Trauer auch noch den Beziehungsstatus erklären zu müssen
Dazu ein paar Facetten aus meinen persönlichen Erlebnissen. Meine Frau ist vor 10 Jahren relativ schnell an ihrer Krebserkrankung verstorben. Bei ihrem Krankenhausaufenthalt kurz vor ihrem Tod wurde sie vom Personal aufgrund ihres Doppelnamens entweder als meine Schwester und einmal auch, schon krass bei nur fünf Jahren Altersunterschied, als meine Mutter gelesen. Ohne meine Erklärung wurde sie nicht als meine Partnerin angesehen. Wir haben zwar immer offen gelebt und so war und ist es mir vertraut über meine lesbische Beziehung zu sprechen. In einer Lebensphase, in der ich emotional sehr belastet war und überhaupt um ein Begreifen und meine Form der Sterbebegleitung und Trauer gerungen habe, hat es michein weiteres Quäntchen Kraft extra gekostet, dass unsere Liebesbeziehung nicht selbstverständlich gesehen wurde.
Die Witwe einer Frau: Das sorgte besonders bei Behörden und Institutionen für Irritationen
Nach ihrem Tod kann ich mich an kein Gespräch erinnern, in dem ich mich als Witwe bezeichnete, dass es eine Nachfrage gab, ob meine Frau oder mein Mann verstorben sei. Alle Institutionen von Bank bis Rentenversicherung sowie Menschen, die mein Privatleben nicht näher kannten, gingen selbstverständlich davon aus, dass mein Mann verstorben war. Auch hier ein zusätzlicher Erklärungs- und Kraftaufwand. Manchmal fehlte mir die Energie dafür und ich habe einfach geschwiegen. Auf Kosten des unguten Gefühls, meine Liebste irgendwie verleugnet zu haben.
Trauergruppen für Lesben: Sich gut aufgehoben, gehört und verstanden fühlen
Für meinen Trauerprozess war eine selbstorganisierte Gruppe von Lesben, die ihre Liebste verloren hatten, eine große Stütze. Dort hatte ich einen Raum, wo ich einfach sprechen, weinen und trauern konnte, ohne etwas erklären zu müssen. In den ersten Monaten nach Gabis Tod erlebte ich meine Trauer so allumfassend, dass ich die wenige Energie, die ich noch zusammenraffen konnte, ausschließlich für mein Über-/Weiterleben gebraucht habe.
Meine Trauergruppen für Frauen werden auch von Lesben besucht, deren Partnerin verstorben ist. Von fast allen habe ich das Feedback bekommen, dass es für sie entlastend war zu wissen, dass ich als Lesbe ein tieferes Verständnis für ihre Situation und Wertschätzung für ihre Liebesbeziehung habe.
Aus diesen Erfahrungen heraus kann ich queeren Menschen nur empfehlen, sich queerfreundliche Unterstützer:innen zu suchen wie zum Beispiel hier auf Bohana
Über die Autorin
Barbara Bischof
Studienabschlüsse in Informatik und Psychologie. Weiterbildungen in Psychodrama, Supervision, Organisationsentwicklung und Systemischem Coaching. Qualifizierung als Trauerbegleiterin (zertifiziert nach dem Bundesverband für Trauerbegleitung).