Gespräche mit Opa nach dem Tod

von Sabrina Gundert

Sabrina Gundert

Als mein Opa gestorben ist, saß er anschließend mehrere Wochen lang an meinem Küchentisch. Natürlich war er tot und er saß auch nicht als Mensch da, doch es war, als könnte ich ihn sehen, jetzt, in seiner nicht-menschlichen Gestalt. Er saß da und war mir nah, lächelte vergnügt und wippte mit den Beinen – so, wie ich meinen Großvater kannte.

Nur den Sichtbarkeitsgrad verändert

Wir hatten ein sehr nahes Verhältnis gehabt, er war immer herzlich und mir nah gewesen und umso trauriger war ich, dass er jetzt nicht mehr da war. Zwei Jahre nach seinem Tod hatte ich einen Traum: In diesem Traum träumte ich von einer großen Familienfeier, auf der auch mein Großvater zugegen war. Ich sagte zu ihm im Traum: Opa, was machst du hier, du bist doch tot! Er antwortete: Sabrina, das musst du den Menschen jetzt aber mal erklären. Ich bin nicht tot. Ich habe nur meinen Sichtbarkeitsgrad verändert – von 100 auf 0 Prozent. Das ist praktisch, du musst nicht mehr essen, keine Miete mehr zahlen. Dann wachte ich auf. Was er sagte, schien total logisch und doch vermisste ich ihn. Ich vermisste ihn anzufassen, zu berühren, mit ihm zu reden, zu scherzen, ihn zu umarmen.

Irgendwann wurden die Besuche und Aufenthalte an meinem Küchentisch weniger, ich nahm meinen Opa nur noch hin und wieder wahr und heute taucht er vor allem auf, wenn es mir schlechtgeht. Dann träume ich häufig von ihm. Manchmal hat er dann im Traum Gemüsesuppe für mich gekocht – sein Zeichen, dass er für mich da ist. So ist mein Verhältnis zu den Toten ein Ambivalentes geworden – manche sehe ich nie wieder, andere zeigen sich ganz klar noch mal, mit einem Abschied, einem Moment oder auch länger.

Botschaften als Unterstützung auf dem Weg

Ich hatte einmal eine Kundin, die das Geschäft ihres Vaters übernommen hatte. Damals war sie unsicher, wie der Weg weitergehen sollte und ließ sich von mir eine Seelenbotschaft schreiben. Das sind Botschaften, bei denen ich mich mit dem jeweiligen Menschen verbinde und frage, welche Botschaft jetzt wichtig ist. Was den Menschen weiterbringt auf seinem Weg, was er vielleicht vor lauter im Kopf sein nicht sieht, obwohl es für seinen Seelen- und Herzensweg wichtig ist. Damals tauchte es zum ersten und einzigen Mal auf, dass sich noch eine Botschaft des verstorbenen Vaters gezeigt hat. Dass diese Frau erst die Worte ihres Vaters hören musste, um ihren eigenen Seelenworten zu lauschen. Dass sie gerade die Kombination auf den Weg brachte.

Ich weiß, dass ich eine bin, die für die Lebenden da ist, die Menschen begleitet, ihren eigenen Weg zu finden – nach Krisen und Herausforderungen im Leben. Das kann der Tod sein, manchmal trifft uns eine Trennung, eine Kündigung oder ein Umzug aber genauso stark. Ebenso wie eine Erkrankung, der Beginn der Wechseljahre oder das Aus eines Lebenstraums. Dann geht es darum, nach innen zu lauschen und zu hören, wo der Weg weitergehen kann. Für mich sind diese Lebensmomente, in denen jemand stirbt, essenziell geworden. Weil sich hier eine Tür auftut zu einer Welt, die uns oft verborgen bleibt. Weil viele von uns eigentlich wissen, dass sie mehr wahrnehmen, es jedoch nicht benennen oder darüber sprechen aus Angst, für verrückt erklärt zu werden.

Der eigenen Wahrnehmung trauen

Das kenne ich selbst nur zu gut. Die Seelenbotschaften habe ich damals, bei ihrer Entstehung vor zehn Jahren, erst Krafttexte genannt, weil ich nicht zu esoterisch klingen wollte, mit dem Wort Seele darin. Doch ich glaube, wir schenken uns selbst einen großen Wert, wenn wir unser Wahrnehmen und Sehen, unser Spüren und Erkennen wieder anerkennen. Weil es uns zeigt und deutlich macht, dass es tatsächlich mehr gibt im Leben als das, was wir sehen können. Weil es da noch eine andere Welt gibt, zu der wir vielleicht Zugang haben.

Eine Welt, die uns auch Frieden schenken kann, Trost und das Vertrauen, dass es weitergeht nach dem Tod, dass da noch etwas kommt, und dass wir Teil sind, wie die Verstorbenen auch, von einem größeren Ganzen.

Über die Autorin

Sabrina Gundert Schwellenzeiten

Sabrina Gundert begleitet Menschen als Autorin und Coach dabei, ihren eigenen Herzensweg zu finden und zu gehen und an den Schwellen ihres Lebens klare und für sie stimmige Entscheidungen zu treffen. Ihr neues Buch „Schwellenzeiten – Wandelzeiten: Kraftvoll durch Lebenskrisen gehen“ erscheint am 16. September 2024.