Wie bitte, Death Cleaning?!

von Bettina Tusk

Wohnung auflösen

Im Juli war ich zum Grillen eingeladen. Es war einer der lauen Sommerabende, an denen man lange zusammensitzt und an denen die Gespräche besonders intensiv sind. Solche Stunden kennst du bestimmt.

Wir haben über ein vermeintliches Dilemma gesprochen. Darüber, dass eine 80-jährige, verwitwete Frau ihre materiellen Dinge zu Lebzeiten verteilen möchte und es ihrem Sohn strange vorkommt.

Der Sohn, ein guter Freund von mir, sieht es selbstverständlich als seine Aufgabe, den Haushalt seiner Eltern aufzulösen – nach dem Ableben seiner Mutter. Aktuell möchte er jedoch keinesfalls seine Mutter in einer leergeräumten Wohnung sitzen sehen.

Diese Art von abweichenden Interessen kennst du vielleicht auch – und je näher du gerade an den Themen Tod und Trauer bist, desto brisanter scheint die nachstehende Frage:

Wann ist der beste Zeitpunkt, die Dinge des Lebens zu ordnen?

Jetzt. Fortan.

Mein Name ist Bettina Tusk und ich begleite Menschen in ihrem Ordnungsprozess. Ich spreche viel mit ihnen darüber, wie lange man im Leben etwas aufbewahren „sollte“. Ich möchte den Begriff Death Cleaning salonfähig machen. Und ich befürworte, diejenigen Dinge, die im Leben ausgedient haben, gehen zu lassen – und zwar in jeder Lebensphase.

Ordnung schaffen ist für Trauernde eine Mammutaufgabe

Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Ich habe aufgeräumt, vieles meiner Mutter, die Monate lang mit ihrem unheilbaren Tumor gelebt hat. Und vieles meiner großen Schwester, die einfach nicht mehr wiedergekommen ist.

Jedes Mal ein höchst emotionaler Kraftakt. Und jedes Mal hatte es ganz viel mit mir selbst zu tun, denn ich traf die Entscheidungen, mit denen ich weiterlebe. Harte Trauerarbeit.

Das hat mich geprägt – und ich möchte, dass es meine Angehörigen, wenn es soweit ist, leichter mit mir, bzw. mit meinem Zeug, haben. Deshalb bereite ich mich vor.

Jetzt. Fortan.

Den Ausnahmezustand managen

Befindest du dich gerade in der Krise, weil jemand gestorben ist? Womöglich fehlt jemand in deinem eigenen Wohnumfeld oder du kümmerst dich um die Auflösung des Haushalts einer verstorbenen nahestehenden Person. Ein Riesenthema – und nur eine der vielen anstehenden Aufgaben wie zum Beispiel die Organisation der Beerdigungsfeier und den notwendigen Behördengängen.

Aufräumen bedeutet das Leben gestalten

Der Verlust eines Menschen ist unersetzlich für dich. Bohana titelt „Abschiedskultur, die lebt“. Finde ich super. Und ich bin überzeugt, dass bei all der Leere, Ohnmacht, Wut, Angst usw. die deine Trauer mit sich bringt, das anstehende Death Cleaning Projekt auch Chancen bietet.

Im Ordnungsprozess richtest du dich neu aus! Nutz ihn, dich weiterzuentwickeln, denn du bist da und lebst weiter.

Du möchtest die Dinge im Sinne der verstorbenen Person regeln – klar. Doch wohin mit all den Sachen? Und in welchem Tempo?

Hierauf gebe ich keine Standardantwort. Neben den sogenannten „Hard facts“ wie rechtliche und finanzielle Umständen spielen ebenso die sogenannten „Soft facts“ wie deine Gefühle und Werte eine große Rolle.

Du kennst sicherlich Beispiele, in denen der Wohnraum schnell aufgegeben wurde. Und du kennst vielleicht den ein oder anderen Haushalt, wo alles wie immer zu sein scheint.

Niemand sollte sich anmaßen, zu urteilen, was richtig ist

So wie bei meinem guten Freund und seiner Mutter. Es gibt nicht eine Wahrheit, sondern unterschiedliche Perspektiven. Ich finde es gut, dass sie über die Endlichkeit im Gespräch und Diskurs sind. Voneinander zu wissen, erleichtert vieles, wenn es soweit sein sollte.

Und wenn du jetzt denkst, zu dieser Art Austausch ist es zwischen dir und deiner verstorbenen Person nicht (mehr) gekommen, dann höre auf dein Herz, denn das schlägt hier und jetzt weiter.

Über die Autorin

Bettina Tusk
Einfach I Gut I Sortiert

Ich bin Bettina Tusk. Ich zeige dir Wege auf, ausgediente Besitztümer mit gutem Gefühl gehen zu lassen. Du entscheidest, welche Dinge bleiben und wir sortieren sie neu.