Sternenkinder

Wenn ein Kind stirbt, nennt man es oft Sternenkind

Anne Kriesel - Gründerin von Bohana

Das Thema Sternenkinder braucht mehr Sichtbarkeit in unserer Gesellschaft, gleichzeitig ist es wohl das Thema, das die größten Ängste, besonders bei Frauen, auslöst: der Gedanke, dass das eigene Kind stirbt. Ich war dreimal schwanger, jetzt wuseln zwei Kinder um mich herum. Ich war beim 3. Mal nur sehr kurz schwanger, das hat kein Test gezeigt, das wusste ich einfach. Es ist nicht bei uns geblieben, es war nur ein paar Tage in meiner Welt und trotzdem weiß ich das alles noch ganz genau, auch Jahre später noch.

Da wo eine Beziehung entsteht, da ist auch Trauer

Ich habe in den letzten Wochen während meiner Besuche im Hospiz gelernt, dass Trauer in dem Moment entsteht, wo es eine Beziehung zu einem Menschen gibt. Im Hospiz lernt man Menschen manchmal nur in einem Gespräch kurz kennen und trotzdem hinterlassen sie eine Spur. Das sind fremde Menschen, die es schaffen, im Kopf und im Herzen zu bleiben, mit wenigen Sätzen, Gesten, Worten.

Die Beziehung zum eigenen Baby ist bei vielen ab dem Moment da, wo man es plant, spätestens aber, wenn man erfährt, dass man schwanger ist. Von da an wächst die Beziehung konstant. Wenn fremde Menschen es schon schaffen, durch eine kurze Beziehung Trauer auszulösen, bekommt man eine kleine Vorstellung, wie das für Mütter und Väter ist, die eigene Kinder in der Schwangerschaft oder danach verlieren.

Eine Unterstützung für den Umgang mit Sterneneltern

Gemeinsam mit vielen Sterneneltern hat Trauerbegleiterin Julia Burger – anlässlich des Memento Tages 2020 – einen Ratgeber für alle geschaffen, die unsicher im Kontakt mit verwaisten Eltern sind. Zum Ratgeber (PDF-Link)

Ich war schwanger – der Verlust innerhalb der ersten drei Monate

In den ersten drei Schwangerschaftsmonaten wird immer angeraten, es noch nicht groß zu teilen, dass man schwanger ist, danach fühlt man sich statistisch gesehen sicherer. Das bedeutet aber auch, dass man in den ersten drei Monaten noch sehr allein ist mit seinen Gedanken und seiner Beziehung zu dem Kind, das Wissen und die Vorfreude teilt man nur mit ganz wenigen Menschen. Man malt sich aus, wie es wird, man überlegt vorsichtig Namen, man kauft gedanklich schon ein und man definiert sich als Mutter oder Vater, ohne, dass es jemand groß mitbekommt. Wenn das Kind innerhalb der ersten drei Monate verstirbt, fehlt eine wichtige Vorinformation für die Außenwelt. Sie hatte keine Möglichkeit eine Beziehung aufzubauen, die Information über Leben und Tod erfolgt quasi in einem Satz: „Ich war schwanger.“ oder „Ich war schwanger und habe das Kind verloren.“

Das kann alle überfordern. Die, die es aussprechen wollen und müssen und die, die es hören. Oft fallen Sätze, die schmerzhaft sind und sich eingraben. „Ihr seid jung, probiert es einfach weiter.“, „Wenn es einmal geklappt hat, dann klappt es auch nochmal.“ oder „Ihr habt ja schon ein Kind.“.

Manchmal redet man auch einfach erst gar nicht darüber.

Ich habe einen Bezug zu dem Thema und sicher auch Empathie, aber möchte an dieser Stelle klar den Raum öffnen für die Expertinnen und Experten, die uns in Gastbeiträgen Einblicke und Impulse geben, was es braucht und was verwaiste Eltern in der wohl größten Krise, die man als Eltern erleben kann, selbstwirksam tun können.