Bestattungen und Trauerreden in Zeiten von Corona

Bestattungen und Trauerreden in Zeiten von Corona Sarg

Möglichkeiten und Wege

Eine Geschichte über das, was trotz Einschränkungen möglich ist

Das große C stellt uns Bestatter:innen und Trauerredner:innen in diesem Jahr vor jede Menge Herausforderungen. Beinahe täglich kommen in den „heißen Phasen“ neue Regelungen für die Rahmenbedingungen, in denen Beerdigungen erlaubt sind. Das bedeutet im Alltag, dass vom Tag des ersten Gesprächs mit den Zugehörigen bis zur Beisetzung alles flexibel bleiben muss und gegebenenfalls sehr kurzfristig umgeplant wird. Für die betroffenen trauernden Zugehörigen ist das neben dem ohnehin drückenden Schmerz um den Verlust des geliebten Menschen eine weitere Belastung obendrauf. Umso wichtiger, dass wir auf der anderen Seite des Tisches verlässliche Gesprächspartner:innen sind, die nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern in Möglichkeiten denken und kreative Lösungen entwickeln.

Mehrere Segenszeremonien nacheinander in kleinem Kreis

Als im Frühjahr der Lockdown beschlossen wurde, plante ich gerade mit einer Familie die Beisetzung des geliebten Vaters, der in einem Kolumbarium (also in einem geschlossenen Raum) beerdigt werden sollte. Dort war auch die Trauerfeier geplant: Die Räumlichkeiten fassen üblicherweise bis zu 50 Personen. Nun waren dort nur noch drei Anwesende gleichzeitig erlaubt. Die Trauergemeinde umfasste jedoch 16 Personen (von ursprünglich geplanten 40 Personen). Glücklicherweise spielte das Wetter mit: Wir verlegten die Trauerfeier nach draußen in den Hof des Kolumbariums. Zur Beisetzung der Urne ging ich zunächst mit den beiden Töchtern des Verstorbenen zum Grab. Sie stellten die Urne in das Fach, ich hatte einen irischen Segen vorbereitet und die beiden konnten sich in Ruhe verabschieden. Anschließend holte ich die übrigen Gäste paarweise herein und wiederholte die kleine Segenszeremonie noch weitere sieben Mal.

Erinnerungsvideo mit Fotos und Text der Trauerrede

Von der Dekoration für die Feier im Hof und auch vom Grab machte ich viele Fotos. Meine Trauerrede sprach ich anschließend nochmal als Audiodatei ein. Aus den Fotos und der Rede schnitt ich ein Video zusammen und stellte es der Familie zur Verfügung. Sie haben sich dann im Sommer, als wieder persönliche Treffen möglich waren, mit den Menschen getroffen, die bei der Trauerfeier nicht dabei sein konnten. Mit meinem Video konnten diese Zugehörigen doch noch ein Erinnerungsritual erleben, vielleicht kombiniert mit einem Besuch am Grab. Und für die Familie ist es eine Möglichkeit, sich immer wieder an den stimmungsvollen und heilsamen Abschiedsmoment erinnern zu können.

Video-Stream als Alternative?

Ich sage es ganz ehrlich: Ich bin keine große Anhängerin gestreamter Trauerfeiern. Während der Zeremonie möchte ich Foto- oder Videoaufnahmen außen vor lassen und stattdessen allen Anwesenden die Möglichkeit geben, sich ganz auf diesen Moment zu konzentrieren. Die oben beschriebene Variante eignet sich auch dann, wenn Trauerredner:in oder Geistliche:r ihre Ansprache nicht aufnehmen möchten oder können. Dann können die Fotos mit Musik unterlegt werden (bitte die Gema-Rechte beachten) und als Erinnerungsvideo dienen.

Für den bevorstehenden Winter, in dem es vielleicht nicht so einfach sein wird, Trauerfeiern nach draußen zu verlegen, wünsche ich mir, dass mehr und mehr Bestatter:innen und Trauerredner:innen flexible und kreative Möglichkeiten entwickeln. Es ist unsere Aufgabe, trauernden Menschen den für die Verarbeitung des Verlusts so wichtigen Abschied trotz aller Einschränkungen persönlich, individuell und liebevoll zu gestalten.

Es geht so viel mehr, als wir auf den ersten Blick meinen!

Sterben, Abschied und Trauer sind Teil unseres Lebens. Alle Emotionen, Gedanken und Stolpersteine gehören dazu. Ich bin nicht nur freie Trauerrednerin und -begleiterin, sondern auch Bestatterin im Duisburger Bestattungshaus Liesen. Gern unterstütze ich Sie dabei, Ihre Trauer zu leben. Lassen Sie uns gemeinsam Wege finden, die auch in Zeiten der Kontaktbeschränkungen einen guten Abschied ermöglichen.

Fotos: Eve Sundermann-Biesen

Zum kleinen roten Sarg im Titel: Das sind die kleinen Louischen von den Sarggeschichten. Eine visuelle Herzensempfehlungen: Filme, die Fragen zu den Themen Sterben, Tod und Trauer beantworten.

Über die Autorin

Christine Kempkes
Bestatterin und Trauerrednerin