Ein Nachruf auf ein Tier kann sehr tröstlich sein

Trauerbegleitung für Tierbesitzer

„Es war doch nur ein Tier…!“

Es war eine sehr gemischte Trauergruppe. Frau Meier trauerte um ihren Mann, mit dem sie 60 Jahre lang verheiratet war. Frau Klinger hatte ihre Tochter mit 18 Jahren verloren. Herr Rübke vermisste seinen Bruder und Frau Hofmann kam einfach nicht über das langsame Sterben ihres Vaters hinweg. Sie alle hatten Verständnis für die Trauer der anderen Teilnehmenden. Es flossen Tränen in der Vorstellungsrunde. Als Frau Hieber erzählte, dass ihr Charlie ihr Ein und Alles war und sie ohne ihn einfach keine Freude am Leben mehr habe, nickten alle mitfühlend. Doch als sie auf die Frage, wer Charlie denn genau war, antwortete „Mein Cocker-Spaniel“, da war es aus mit dem Verständnis.

„Wollen Sie mich auf den Arm nehmen?!“

Zuerst betretenes Schweigen und dann platzte es aus Frau Klinger heraus… „Sie trauern um einen Hund?! Ich habe meine Tochter verloren und Sie behaupten, keine Freude am Leben mehr zu haben, weil Ihr Hund gestorben ist? Wollen Sie uns auf den Arm nehmen?!“ Und Herr Rübke setzte noch einen drauf: „Dann gehen Sie doch ins Tierheim und holen Sie sich einen neuen Hund! Ich kann mir nicht einfach einen neuen Bruder kaufen!“

Da nützte es auch nichts, dass die Trauergruppenleiterin beschwichtigend eingriff und erklärte, dass es völlig in Ordnung sei, um sein Tier zu trauern. Frau Hofmann sagte: „Also, wenn ich mir hier anhören muss, dass der Tod eines Cockerspaniels genauso traurig ist wie der qualvolle Tod meines Vaters, dann gehe ich…!“ Wer ging, war Frau Hieber. Sie musste zu ihrer Trauer nun auch noch die Enttäuschung verarbeiten, dass ihr Schmerz offenbar nicht zählte…

Unverständnis und Ablehnung bei der Trauer um ein Tier

Wer um ein Tier trauert, stößt oft auf Unverständnis und sogar offene Ablehnung. Diese Trauer wird unter Tierhalter:innen noch verstanden. Aber für Menschen, die mit Tieren „nichts am Hut haben“, wird sie schnell als Hysterie oder Spinnerei abgetan. Der Mensch, der um sein Tier trauert, steht meistens allein da mit seinem Kummer.

Dabei unterscheidet sich die Trauer um ein Tier in ihren körperlichen und seelischen Reaktionen nicht von der um einen Menschen. Sie tut genauso weh. Wir haben keinen Hunger mehr oder suchen den Trost im Essen. Wir müssen immer wieder weinen. Oder wir sind sprachlos und wie versteinert. Einmal sind wir fröhlich und dann wieder verschluckt uns ein schwarzes Loch, aus dem wir gefühlt nie mehr herauskommen werden…

Frau Hieber bräuchte eine Trauergruppe für Menschen, denen ein geliebtes Tier gestorben ist. Aber solche Gruppen sucht man in Deutschland noch mit der Lupe. Auch Trauerbegleitende, die sich auf diese „Zielgruppe“ spezialisiert haben, klagen nicht gerade über zu viel Arbeit…

Wirtschaftsfaktor Tierbestattungen

Der Tod eines Haustieres in Deutschland ist längst ein Wirtschaftsfaktor geworden. Es gibt viele Tierbestattungsfirmen, die Besitzer:innen von Hunden, Katzen, Meerschweinchen, Pferden und allen anderen Tieren einen würdevollen und tröstlichen Abschied von ihrem Liebling ermöglichen. Die meisten dieser Tiere werden eingeäschert. Aber auch Tierfriedhöfe, auf denen Erdbestattungen möglich sind, werden immer mehr.

Während das Bestattungsgesetz es nach wie vor verbietet, die Asche eines Menschen im Garten zu beerdigen, gibt es für Tierbesitzer:innen da so gut wie keine Einschränkungen. Sogar gemeinsame Gräber von Mensch und Tier sind inzwischen auf einigen Humanfriedhöfen erlaubt. Es werden unzählige Tierurnen und auch Särge angeboten, in klassischen Formen oder auch als kleine, mit der Asche befüllbare Skulpturen. Es können Pfotenabdrücke vom verstorbenen Tier abgenommen werden. Abgeschnittenes Haar oder Federn werden in Trauerschmuck eingearbeitet. Es tut sich also etwas in der Akzeptanz von Tiertrauer, aber es geht langsam voran.

Online um ein Tier trauern und sich mit anderen austauschen

Was Menschen, die um ein Tier trauern aber noch dringender brauchen als Urnen oder Schmuck, das sind offene Ohren. Im Internet erfreuen sich Online-Trauerportale für Tiere immer größerer Beliebtheit. Dort können Gedenkseiten angelegt werden mit Texten und Bildern. Die Besucher dieser Portale können dann als Zeichen ihrer Anteilnahme virtuell Blumen ablegen und Kondolenzbeiträge schreiben. Dort versteht man sich und weiß, wie es den anderen geht.

Doch die allerbeste Hilfe ist immer noch ein Mensch, der real zuhört. Von Angesicht zu Angesicht. Oder, wenn das wegen Corona oder der Entfernung nicht möglich ist, dann per Telefon oder Videocall. In diesen Gesprächen kann der trauernde Mensch alles loswerden, was ihn beschäftigt. Was ihm das Tier bedeutet hat, was beide miteinander erlebt haben, was am Tier auch mal auf die Palme brachte.

Weinen, Lachen, alles ist möglich und erlaubt, genau wie in der „klassischen“ Trauerbegleitung. Es werden Perspektiven erarbeitet, wie das Leben weitergehen kann. Das ist gerade für ältere Menschen wichtig. Denn für sie bedeutet der Tod ihres Tieres auch oft, dass sie sich aus Vernunftsgründen keinen tierischen Liebling mehr ins Haus holen können, weil sie wissen, dass sich nach dem eigenen Tod niemand um ihn kümmern würde. Und wer will schon, dass die treue Seele im Tierheim landet…?

Ein Nachruf auf ein Tier kann sehr tröstlich sein

Wenn nach einem intensiven Trauergespräch sogar noch ein Nachruf geschrieben wird, der dem verstorbenen Tier ein liebevolles Denkmal aus Worten setzt, dann ist das für die Trauernden noch tröstlicher. Ein Rückblick auf das Leben des Tieres, eine bleibende Erinnerung, die sogar geteilt werden kann. Solche Nachrufe, wie sie inzwischen vereinzelt von Trauerbegleiter:innen angeboten werden, können als Text an Freund:innen verschickt, in Trauerportalen eingestellt oder sogar als QR-Code auf dem Grab am Tierfriedhof angebracht werden. Wer den Code mit seinem Smartphone einscannt, kann dann in Ruhe nachlesen, was dieses Tier so besonders machte.

Keine Frage, das Verständnis und der Trost von Familienmitgliedern und guten Freunden ist die beste Unterstützung. Aber genau wie beim Tod von Menschen schwindet mit der zeitlichen Entfernung vom Todesdatum auch oft die Bereitschaft, sich immer wieder „die alten Geschichten“ anzuhören, die Tränen zu ertragen oder sogar zu verstehen. Da ist die Unterstützung durch ausgebildete Fachleute, die idealerweise auch bereits eigene Tiere verabschieden mussten, ein ganz wichtiger Beitrag, um den Verlust des Tieres ins Leben integrieren zu können. Es ist zu hoffen, dass sich dieser Trauerbegleitungsbereich gut und schnell weiterentwickelt…


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Trauerbegleiterin und Trauerrednerin
Franziska Lüttich
Franziska Lüttich
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