
Wenn ein Mensch stirbt, dem Nachhaltigkeit, Naturnähe und Umweltschutz wichtig waren, kann es wohltuend sein, diese Werte auch in der Abschiedsgestaltung zu würdigen. Doch was bedeutet das konkret – und wie lässt sich ein ökologisch achtsamer Abschied gestalten?
Vorbereitung als Schlüssel zur Nachhaltigkeit
Nachhaltige Abschiede beginnen oft lange vor dem Tod. Gespräche mit Familie, Freundeskreis, Bestatterinnen oder Trauerrednerinnen helfen, Wünsche zu klären und ökologische Aspekte mit emotionalen Bedürfnissen in Einklang zu bringen.
Fragen, die helfen können:
- Welche Bestattungsart passt – und wie nachhaltig ist sie?
- Welche Transportwege entstehen?
- Welche Materialien werden gebraucht – und woher kommen sie?
- Wo ist ein Ritual wichtiger als ökologische Aspekte?
Bestattungsarten: Naturnah ist nicht automatisch nachhaltig
Viele denken: „Ein Waldfriedhof ist besonders nachhaltig.“ Doch das stimmt nicht immer.
- Erdbestattung am Wohnort: am ressourcenschonendsten
- Feuer- und Seebestattung: mehr Energieverbrauch und Transport
- Waldfriedhöfe: oft Eingriffe in die Natur (z. B. Totholzentfernung)
- Reerdigung: braucht zusätzliche Ressourcen
Die Asche einer Feuerbestattung enthält aufgrund des Verbrennungsvorgangs Giftstoffe, die ins Grundwasser gelangen können. Die Filter von Krematorien sind so schadstoffbelastet, dass sie als
Entsorgung in Salzstöcken gelagert werden müssen.
Materialien: Was kommt in die Erde?
Für Sarg und Urne gilt:
- Keine Lacke oder Metalle
- Natürliche Kleber (z. B. Fischleim)
- Cellulose statt Plastikfolien
- Öko-Aschekapseln oder Aschebeutel
- Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft
- Stoffe wie Wolle, Hanf oder Leinen statt Polyester
Rituale: Kerzen, Luftballons und Alternativen
Kerzen aus Abfallfetten oder organischen Resten sind besonders nachhaltig. Luftballons – auch aus Bio-Latex – bleiben problematisch für Tiere und Umwelt.
Alternativen:
- Seifenblasen
- Flying Wish Paper
- Blütenblätter, Herbstlaub, Pusteblumen
Blumen und Grabgestaltung
Blumen ohne Draht und Steckmasse, regional und saisonal, sind ökologisch sinnvoll. Besonders nachhaltig: Staudenbepflanzung auf Gräbern – sie zeigen den Kreislauf von Werden und Vergehen und bieten Lebensraum für Insekten.
Nachhaltigkeit ist mehr als Ökologie
Manchmal passt die ökologisch „beste“ Lösung nicht zur verstorbenen Person oder zur Trauergemeinschaft. Dann ist es stimmig, Prioritäten zu setzen – und bewusst zu entscheiden, was emotional und psycho-sozial nachhaltig ist.
Digitalisierung: Unsichtbarer Energieverbrauch
Auch digitale Elemente rund um Abschiede – etwa Online-Traueranzeigen, Livestreams oder digitale Gedenkseiten – wirken auf den ersten Blick ressourcenschonend. Doch auch hier gilt:
Digital ist nicht automatisch nachhaltig
- Serverfarmen laufen rund um die Uhr und müssen gekühlt werden
- Die digitale Infrastruktur in Deutschland verbraucht jährlich ca. 60 Terawattstunden Energie – das entspricht dem Strom von mindestens 10 mittleren Kraftwerken
- Streaming, Cloud-Dienste und Endgeräte verursachen CO₂-Emissionen und benötigen seltene Rohstoffe
- Der sogenannte Rebound-Effekt zeigt: Was wir durch Digitalisierung einsparen, wird oft durch Mehrnutzung wieder aufgewogen
Beispiel:
Filme zu streamen spart den Weg zur Videothek – aber die Masse an gestreamten
Inhalten hat den Energieverbrauch massiv erhöht. Ähnliches gilt für digitale
Trauerangebote: Sie sind hilfreich, aber sollten bewusst und maßvoll eingesetzt
werden.
Fazit: Nachhaltigkeit braucht Achtsamkeit – auch im Abschied
Es lohnt sich, über Abschied miteinander ins Gespräch zu kommen. Denn dann können wir abwägen: Was ist ökologisch sinnvoll, was emotional wohltuend – und was passt wirklich zu der verstorbenen Person und zur Trauergemeinschaft?
Zusammenfassend lässt sich sagen: Nachhaltigkeit bei Abschieden hat viele Facetten. Je tiefer die Auseinandersetzung mit den eigenen Bedürfnissen und Abschiedswünschen geschieht, desto stimmiger kann Nachhaltigkeit in einen Abschied integriert werden – ökologisch, sozial und seelisch.
Über die Autorin

Angela Fuß
Frau Fuß geht mit – Begleitung. Weiter. Leben
Die Trauer- und Sterbeamme Angela Fuß I Frau Fuß geht mit begleitet Abschiede und Krisen. Als Gärtnerin, Försterin und Naturpädagogin bringt sie in ihre Begleitungen, Trauerfeiern und Seminare auch den Bezug zur Natur ein.