
Für alle, die sich eine Alternative oder Ergänzung zum traditionellen Grabbesuch und Gottesdienst wünschen, möchte ich eine kleine Sammlung von Impulsen für den ersten November vorstellen. Die folgenden Aktivitäten können ohne kirchliche Anbindung, allein oder in der Gruppe, nachhaltig sowie ohne großen Zeit- und Kostenaufwand durchgeführt werden. Alle benötigten Rezepte und Bastelanleitungen sind kostenfrei und schnell im Internet zu finden.
Natürlich kann ich nicht für alle Regionen in Deutschland sprechen, aber in Bayern ist der Feiertag Allerheiligen immer noch eine recht konservative Angelegenheit. Ich würde sogar behaupten, dass ich niemanden kenne – weder privat noch beruflich – der sich auf diesen höchsten Feiertag zum Gedenken an die Verstorbenen ehrlich freut. Das ist schade, denn eigentlich sehnen sich viele Menschen nach festen Ritualen und Räumen für ihre Trauer und Dankbarkeit gegenüber den Toten.
Acht Ideen für den ersten November
- Einen Kerzenspaziergang machen
Manche Menschen fühlen sich auf dem Friedhof nicht besonders wohl, dafür umso mehr in der freien Natur. Bei einem besinnlichen Kerzenspaziergang im Wald kannst du dich ungestört mit deinen Erinnerungen und Gefühlen auseinandersetzen, während du metaphorisch dein Licht in die Welt trägst. Alles, was du brauchst, ist wetterfeste Kleidung und eine Grabkerze mit Deckel, die sich sicher in der Hand halten lässt. Natürlich kannst du auch auf LED-Kerzen zurückgreifen, wenn du nicht mit Feuer hantieren möchtest. Bitte stell die Kerze nicht einfach irgendwo in der Natur ab, sondern nimm sie wieder mit, um sie ausbrennen zu lassen – zuhause, im Garten, auf den Balkon oder auf einem Friedhof.
2. Backen für die Seele(n)
Süße Gebäckstücke im Gedenken an Verstorbene anzufertigen ist eine herbstliche Tradition in vielen Kulturen und Teilen der Welt. Wenn du beim Rühren, Kneten und Ausrollen besonders gut zur Ruhe kommen kannst, ist das Backen von Allerheiligenstriezeln (Süddeutschland), Soul Cakes (Großbritannien), Pan de los Muertos (Mexiko) oder Dušky (Böhmen und Mähren) vielleicht ein schönes Ritual für dich.
3. Ein Trauer-Event besuchen – live oder online
Es muss nicht immer ein Gottesdienst sein. Viele Gemeinden und Trauerbegleiter*innen bieten Anfang November spezielle Events an, bei denen Trauernde miteinander ins Gespräch und ins Erinnern kommen können. Dazu zählen Trauercafés und Stammtischabende, Workshops und Seminare oder Trauerwanderungen am Feiertag. Wer sich bequem von zuhause aus mit anderen austauschen möchte, findet Online-Veranstaltungen, die oft sogar kostenlos angeboten werden.
4. Lieblingsgerichte der Verstorbenen zubereiten
Die alte Miss Sophie aus dem Silvester-Klassiker Dinner for One hat uns gezeigt: Den Toten gedenkt man am besten bei Tisch! Für ein kleines Festmahl zu Ehren deiner Verstorbenen kannst du ein besonderes Gericht für sie zubereiten und bei einem gemeinsamen Essen eine Portion für jede lebende und verstorbene Person servieren. Traditionell wird dieses Gedenkritual als „stummes Abendmahl“ in völliger Stille eingenommen. Wer es jedoch unkonventioneller mag, kann auch feucht-fröhlich die Sektkorken im Namen der Verstorbenen knallen lassen.
5. Eine Gedenk-Playlist anlegen
Musik besitzt die wunderbare Eigenschaft, uns in tiefe Verbindung mit unseren Gefühlen zu bringen. Gibt es einen Song, der sofort Erinnerungen an einen geliebten verstorbenen Menschen lebendig werden lässt? Hast du ein Lied im Kopf, das er oder sie wahnsinnig gerne gehört hat? Vielleicht möchtest du Allerheiligen dazu nutzen, diese besonderen Musikstücke in einer Playlist zu sammeln, auf die du immer zurückkommen kannst, wenn du dich mit dieser Person verbunden fühlen möchtest.
6. Ein Papierboot auf die Reise schicken
Ein Papierboot ist die umweltfreundlichere Alternative zur Flaschenpost: Du schreibst einen Brief an deine:n Verstorbene:n auf ein Blatt Papier und faltest ein kleines Boot daraus. Wenn du möchtest, kannst du an Allerheiligen selbst einen Spaziergang zu einem Fluss oder Bach unternehmen und dein Boot in See stechen lassen.
7. Eine Sprachnachricht für den/die Verstorbene:n aufnehmen
Eine Botschaft an deine/n Verstorbene:n muss nicht unbedingt schriftlich erfolgen. Sprachnachrichten eigenen sich hervorragend, um ganz frei von der Seele und unverblümt zu sprechen – auch über schwierige Dinge und mit Worten, die man eher ungern zu Papier bringt. Am besten nimmst du deine Nachricht mit der Diktiergerätfunktion deines Smartphones auf, damit du in Ruhe entscheiden kannst, ob du sie löschen, speichern oder an jemanden versenden möchtest.
8. Ein Gedenk-Album anlegen
Erinnerst du dich an die schön geschmückten Freundschaftsalben, in denen wir einen Eintrag für unsere Schulkameraden hinterlassen haben? Ein Gedenk-Album ist ähnlich, nur dass Freunde und Bekannte hier ihre liebsten Erinnerungen und Geschichten über den/die Verstorbene:n festhalten. Du kannst ein solches Album nach einer Vorlage gestalten oder ein schönes leeres Notizbuch nutzen und dies innerhalb des Familien-, Freundes, und Bekanntenkreises des/der Verstorbenen in Umlauf bringen.
Allerheiligen darf ein Tag sein, auf den du dich freust
Gedenktage wie Allerheiligen sind bedeutende Ankerpunkte im Jahr, die uns gemeinsam an die Vergänglichkeit allen Lebens und die anhaltende Liebe zu unseren Verstorben erinnern können – wenn wir uns bewusst darauf einlassen. Hoffentlich haben dir die obigen Ideen ein wenig Lust darauf gemacht, den ersten November einmal anders zu verbringen. Und zwar so, dass er für dich zur Kraftquelle wird.
Über die Autorin

Christina Wiesner
UmWegGefährtin | Trauerbegleitung & Coaching
Ich bin Christina, deine Begleiterin für die holprigen Abschnitte entlang des Lebensweges. Als Sozialpädagogin, Coach und Trauerbegleiterin stehe ich dir zur Seite.